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03.10.2018

Auf Nummer sicher

Kraftwerksleiter Mike Dost erklärt, warum das Kernkraftwerk Beznau-1 wieder am Netz ist.

Auf Nummer sicher

Herr Dost, das KKB-1 ist seit eingen Tagen wieder am Netz und stand zuvor drei Jahre still. Was war der Grund?
Im Frühsommer 2015 wurden im Rahmen von umfassenden Ultraschallprüfungen am Reaktordruckbehälter (RDB) von Block 1 des Kernkraftwerks Beznau bewertungspflichtige Ultraschallanzeigen gefunden. Daraufhin wurden weiterführende Prüfungen und Analysen zur Ermittlung der Ursachen und der Auswirkungen auf die Materialeigenschaften erforderlich. Um die hierfür auszuführenden Arbeiten koordiniert und auf technisch sowie wissenschaftlich anerkannter Basis auszuführen, haben wir einen Gesamtprojektplan (Roadmap) zur Umsetzung des Nachweiskonzepts für den Sicherheitsnachweis erstellt. Auf dieser Basis führten wir dann in den vergangenen knapp drei Jahren umfangreiche Untersuchungen durch.

Können Sie den Inhalt dieses Nachweises kurz beschreiben?
Der Sicherheitsnachweis zeigt die Resultate aller Untersuchungen auf, die Axpo in den vergangenen Jahren für die Erbringung des Sicherheits- und Integritätsnachweises des RDB durchgeführt hat. Axpo konnte die Herkunft der detektierten Einschlüsse aufzeigen. Wir konnten nachweisen, dass sie bei der Herstellung des RDB entstanden sind.  Mit Hilfe der Nachbildung eines Rings des RDB haben wir den Einfluss der nicht-metallischen Einschlüsse auf die Materialeigenschaften des RDB geklärt, den Integritätsnachweis erbracht und die Frage der noch vorhandenen Sicherheitsmargen für den Weiterbetrieb der Anlage beantwortet.

Was sind die Resultate der jahrelangen Untersuchungen?
Wir haben alle Auflagen der Aufsichtsbehörde erfüllt, das vorliegende Resultat ist eine Bestätigung unserer früheren Erkenntnisse.  Die umfangreichen Analysen zeigen, dass die im Frühsommer 2015 detektierten Unregelmässigkeiten im Grundmaterial des Reaktordruckbehälters keinen negativen Einfluss auf die Materialeigenschaften haben und nicht betriebs-, sondern vielmehr herstellungsbedingt sind. Der Reaktordruckbehälter von Block 1 erfüllt alle sicherheitstechnischen Anforderungen und gesetzlichen Bestimmungen für den sicheren Weiterbetrieb der Anlage für 60 Betriebsjahre.

Wie gingen Sie und die KKB-Mitarbeitenden mit dem Stillstand und dem ständigen Druck um?
Im KKB pflegen wir eine ausgeprägte Sicherheitskultur und hohe Professionalität. Der Sicherheitsnachweis wäre ohne das permanente Engagement der Betriebsmannschaft nicht möglich gewesen. Kritische Stellungnahmen nahmen wir zur Kenntnis, ohne uns davon in unserer Haltung beeinträchtigen zu lassen. Im Gegenteil: Herausforderungen wie die Erarbeitung des Sicherheitsnachweises erhöhten die Identifikation mit dem Werk!

Kritiker monieren Ihr Vorgehen. Die Replika sei nicht repräsentativ. Was sagen Sie dazu?
Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Replika ermöglichte uns, gesicherte Rückschlüsse auf den RDB des Blocks 1 zu ziehen. Die Replika weist gleiche chemische, mechanische und Ultraschalleigenschaften aus wie Ring C des RDB auf. Die Repräsentativität der Replika wird von international anerkannten Experten bestätigt. Auch das ENSI und sein International Review Panel haben das das Vorgehen als adäquat beurteilt.

Die Reaktoren in der Beznau gehören mit bald 50 Jahren zu den ältesten weltweit. Ist es nicht zunehmend riskant, so alte KKW zu betreiben?
Das KKB erfüllt alle Sicherheitsanforderungen. Das Alter ist nicht ausschlaggebend; mit kontinuierlichen Nachrüstungen und Erneuerungsinvestitionen, wie sie auch vom Gesetz vorgeschrieben werden, im Umfang von insgesamt 2,5 Milliarden Franken hat Axpo dafür gesorgt, dass das KKB die geforderten Sicherheitsstandards, gemäss aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik, einhält. Die schweizerische Aufsichtsbehörde ENSI hat mit der Bestätigung des jüngsten Sicherheitsnachweises auch frühere Einschätzungen bestätigt. Axpo plant, die Anlage so lange zu betreiben, wie sie sicher und wirtschaftlich ist. Eine Ausserbetriebnahme ist kein Thema. Wir leisten mit dem Weiterbetrieb der Anlage nicht zuletzt auch einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung der demokratisch gewollten Energiestrategie des Bundes.

Das KKB 1 ist lange stillgestanden. Ist es möglich, dass es infolgedessen Schäden gegeben hat?
Neben dem Erbringen des Sicherheitsnachweises für den Reaktordruckbehälter von Block 1 haben wir technische Massnahmen getroffen, um Stillstandschäden zu verhindern. Während des Stillstands der Anlage wurden umfangreiche Modernisierungs- und Wartungsarbeiten durchgeführt, wie wenn die Anlage im Betrieb gestanden wäre. So wurden die Mitte März 2015 begonnenen Grossprojekte mit der Inbetriebnahme einer zusätzlichen erdbeben- und überflutungssicheren Notstromversorgung, dem Austausch des Reaktordruckbehälterdeckels und der Inbetriebsetzung des neuen Anlageinformationssystems erfolgreich zum Abschluss gebracht. In den letzten drei Jahren haben wir zudem im Block 1 rund 9000 periodisch wiederkehrende Wartungsarbeiten durchgeführt und mehr als 20’000 Routineprüfungen an den Systemen und Komponenten der Anlage vorgenommen. Die Anlage ist vor dem Anfahren nochmals im Detail geprüft worden. 

Plant Axpo bereits die Stilllegung des Werks?
Im Rahmen unserer Arbeiten bereiten wir uns sowohl auf eine planmässige als auch auf eine unplanmässige, vorzeitige, technisch, regulatorisch oder politisch motivierte Stilllegung vor. Ein entsprechendes Projekt wurde Axpo-intern bereits 2016 gestartet. Dadurch können die damit einhergehenden Risiken für das Unternehmen minimiert werden.

Was denken Sie von den Diskussionen rund um die Revision der Kernenergieverordnung? Es ist der Vorwurf laut geworden, es handle sich um eine „Lex Beznau“ und um eine Abschwächung der gegenwärtigen Rechtspraxis.
Die Revision der Kernenergieverordnung betrifft nicht nur Beznau, sondern alle Kernkraftwerke der Schweiz. Auch der Vorwurf einer Abschwächung der rechtlichen Vorgaben für die Sicherheit ist absolut nicht zutreffend. Die Vorgaben bleiben mit der Revision unverändert. Nach wie vor müssen wir als Betreiber nachweisen, dass wir bei einem Erdbeben, das statistisch alle 1000 Jahre zu erwarten ist, einen Dosiswert von 1 Millisievert (mSv) einhalten. Für Erdbeben, die statistisch alle 10‘000 Jahre zu erwarten sind, müssen wir 100 mSv einhalten. Mit der laufenden Revision will der Bundesrat unmissverständlich festschreiben, was schon bisher Praxis war. Dies war im Übrigen auch die ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers.

Wie sind die Werte in Beznau?
Wie alle anderen Schweizer Kernkraftwerke haben auch wir in Beznau im Nachgang zu den Ereignissen von Fukushima 2012 einen neuen Erdbebennachweis liefern müssen. Wir konnten dabei nachweisen, dass bei einem Erdbeben, das statistisch alle 10‘000 Jahre zu erwarten ist, die höchstbelastete Person (Kleinkind) einer Dosis von 29 mSv ausgesetzt wird. Diese Dosis liegt deutlich unter der vom Gesetz vorgegebene Schwelle von 100 mSv. Dank unserer Verbesserungsmassnahmen liegt der Wert heute bei 16 mSv.