Stilllegung und Entsorgung eines KKW
Die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke sind gemäss Kernenergiegesetz verpflichtet, ihre Anlagen nach der definitiven Ausserbetriebnahme zurückzubauen, alle aus dem vorangegangenen Betrieb und dem Rückbau anfallenden radioaktiven Abfälle sicher in geologischen Tiefenlagern zu entsorgen und sämtliche damit verbundene Kosten zu tragen.
Zurück zur grünen Wiese
Am Ende des Stilllegungsprozesses eines Kernkraftwerkes kann das Areal wieder aussehen wie vor dem Bau des Kraftwerkes (Rückbau bis zur «Grünen Wiese»). Alternativ können auch nur die nuklearen Anlageteile zurückgebaut werden. Wenn die verbleibenden Bauten aus radiologischer Sicht keine Gefährdung mehr darstellen, d.h. nicht mehr strahlen als die natürliche Umgebung, kann die Kontrollbehörde sie «freimessen». Damit sind sie aus dem Kernenergiegesetz entlassen und stehen für eine industrielle Umnutzung zur Verfügung (Rückbau bis zur «Braunen Wiese»).
Die gesamte Stilllegung, einschliesslich der Nachbetriebsphase, dauert 15 bis 20 Jahre. Auch in dieser Zeit wird die Sicherheit von den Behörden überwacht und bleibt während des gesamten Rückbaus gewährleistet.
Die Schweiz hat mit der Anlage in Mühleberg bereits den Rückbau des ersten Kernkraftwerks an die Hand genommen. Sie kann dabei von der Erfahrung im Ausland profitieren. In den USA sind bis heute rund ein Dutzend Kernkraftwerke zur grünen Wiese zurückgebaut worden. Der erste vollständige Rückbau in Europa – die Demontage des 1974 stillgelegten Kernkraftwerks Niederaichbach in Bayern – begann 1987 und wurde 1995 abgeschlossen.
Langfristige kontrollierte Finanzierung
Die finanziellen Mittel für die Rückbauarbeiten zahlen die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke bereits während des Betriebs in Fonds ein. Der weitaus grösste Teil des Abbruchmaterials bei Stilllegung und Rückbau ist zwar nicht radioaktiv. Doch die anfallenden schwach und mittel radioaktiven Abfälle müssen sachgerecht entsorgt werden. Auch die Kosten für die Entsorgung dieser Abfälle sparen die Kernkraftwerkbetreiber bereits während des Betriebs der Anlagen im Stilllegungs- und Entsorgungsfonds an.
Beim Schätzen der Kosten für den Rückbau der Kernkraftwerke orientiert man sich an den Erfahrungswerten Deutschlands. Die in der Schweiz geschätzten Kosten werden unter Aufsicht des Bundes alle fünf Jahre im Rahmen von Kostenstudien nach dem aktuellen Stand des Wissens neu ermittelt.
Überwachte Abfallentsorgung
Nach der endgültigen Ausserbetriebnahme eines Kernkraftwerks beginnt die Nachbetriebsphase. Sie dauert etwa fünf Jahre, läuft noch unter der Betriebsbewilligung und dient der Vorbereitung der eigentlichen Stilllegung. In dieser Zeit werden die Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter und den Abklingbecken entladen, in Transportbehälter verpackt und ins Zwilag gebracht, sodass kein hochaktives Material mehr in der Anlage bleibt. Ebenso werden die schwach- und mittelaktiven Betriebsabfälle entsorgt.
Nach der Prüfung des Stilllegungsprojektes erlässt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Stilllegungsverfügung. Damit beginnt die Demontage der Anlage. Ein grosser Teil der Anlage – jene Komponenten und Gebäude, in denen keine Radioaktivität auftritt – wird auf konventionelle Art zurückgebaut. Aus diesen Anlageteilen stammt weit mehr als die Hälfte des anfallenden Materials. Es kann ohne spezielle Behandlung wiederverwertet oder entsorgt werden.
Viele Komponenten aus dem nuklearen Teil der Anlage können gereinigt und danach ebenfalls konventionell entsorgt werden. Am Schluss ist nur noch ein sehr geringer Teil des Rückbaumaterials radioaktiv. Es wird als schwach- oder mittelaktiver Abfall, bei Bedarf nach einer Zwischen- oder Abklinglagerung, in ein geologisches Tiefenlager gebracht.
Der Rückbau der kontrollierten Zone (Reaktor- und Hilfsanlagengebäude, bei Mühleberg und Leibstadt auch das Maschinenhaus) ist etwas komplexer. Hier gibt die Aufsichtsbehörde die Arbeiten schrittweise frei. Der Rückbau der Komponenten in der kontrollierten Zone wird bewusst von innen nach aussen durchgeführt. Der Sicherheitsbehälter (Containment) bleibt dadurch so lange wie nötig intakt und dient weiterhin als Barriere gegen die Freisetzung von radioaktiven Stoffen. Auch die Systeme zur Überwachung der Radioaktivität inner- und ausserhalb der Anlage bleiben weiterhin aktiv.
Demontage in Etappen
Der Rückbau der kontrollierten Zone findet in drei Schritten statt:
Demontage von kontaminierten Systemen und Komponenten (Phase I): Der Ausbau von Bauteilen wie Flutwasserbehälter, Regelstabführungen oder Druckspeicher schafft Platz für spätere Arbeiten. Die Demontage von Grosskomponenten wird vorbereitet. Bei Siedewasserreaktoren werden auch die Turbinen und andere Anlagen im Maschinenhaus ausgebaut. Grosse Anlagenteile wie die Dampferzeuger oder das Primärkühlsystem mit seinen Pumpen und Leitungen werden entfernt.
Demontage von aktivierten Komponenten (Phase II): Der Reaktordruckbehälter und die umliegende Betonabschirmung, der sogenannte biologische Schild, sind die strahlenmässig am stärksten belasteten Komponenten eines Kernkraftwerks. Sie sind während des Betriebs aktiviert worden und nun selbst radioaktiv. Diese Aktivität kann nicht durch Reinigung entfernt werden.
Abbau der restlichen Einbauten (Phase III): Die Krananlagen und weitere Systeme, die für den Rückbau benötigt wurden, werden entfernt. Zuletzt werden die Abwasser- und Abluftaufbereitungsanlagen demontiert.
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