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26.12.2019

Im Kernkraftwerk Mühleberg wurde hervorragende Arbeit geleistet

Suzanne Thoma, CEO der BKW AG, schildert, wie sie die Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg erlebt hat und was mit der Anlage nun geschieht.

Im Kernkraftwerk Mühleberg wurde hervorragende Arbeit geleistet

Frau Thoma, am 20. Dezember hat die BKW den Leistungsbetrieb im Kernkraftwerk Mühleberg endgültig eingestellt. Wie haben Sie das erlebt?
Es war ein besonderer Tag, den ich nicht so schnell vergessen werde. Die Abschaltung war für mich ein spezieller Moment und erst recht für die Mitarbeitenden aus dem Kernkraftwerk. Aus diesem Grund war es mir auch wichtig, ihnen für ihren Einsatz zu danken. Dass das KKM in seinen 47 Betriebsjahren eine Verfügbarkeit von über 90 Prozent hatte, ist der hervorragenden Arbeit der Kolleginnen und Kollegen zu verdanken. Für mich ist die Abschaltung auch ein Zeichen des Wandels der BKW: Wir haben uns erfolgreich vom Energieunternehmen zum Energie- und Infrastrukturdienstleistungsunternehmen entwickelt.

Der Stilllegung des Kraftwerks soll 15 Jahre dauern. Wie stehen Sie diesem Riesenprojekt gegenüber?
Für die BKW ist die Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg das grösste Projekt seit dem Bau der Anlage vor rund 50 Jahren. Ich blicke dem Projekt zuversichtlich entgegen, denn wir sind gut darauf vorbereitet. Das liegt insbesondere daran, dass wir den Stilllegungsentscheid frühzeitig gefällt haben. So hatten wir die Zeit, unsere Mitarbeitenden auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Wir konnten das Projekt gut planen und wir haben die nötigen Bewilligungen – wir sind auf Kurs, in jeder Hinsicht.

Was sind die ersten Meilensteine?
Nach dem Abschalten beginnen wir, das obsolet gewordene Maschinenhaus leerzuräumen, um Platz für die Materialbehandlung zu schaffen. Dazu gehört die Demontage grösserer Einzelkomponenten, also der Turbinen, der Generatoren sowie weiterer Anlageteile. Drei Monate nach der Abschaltung ist die Radioaktivität 1000 Mal kleiner als im Leistungsbetrieb. Dann verlagern wir die Brennelemente vom Reaktor ins Brennelementlagerbecken. Nach rund neun Monaten betreiben wir das Brennelementlagerbecken autonom; dieses verfügt dann über ein eigenes, unabhängigen Betriebs-, Sicherheits- und Notkühlsystem.

 

Was kostet die Stilllegung des KKM und wie finanziert sie die BKW?
Die Stilllegung kostet 927 Millionen Franken. Die Kostentragung ist sichergestellt. Wir haben die entsprechenden Rückstellungen gebildet und zahlen in den vom Bund kontrollierten Stilllegungsfonds ein.

Die Entsorgung der Abfälle wird noch Jahrzehnte dauern. Können Sie versprechen, dass die BKW auch diese Kosten tragen wird?
Auch für die notwendigen Kosten zur Entsorgung der Abfälle kommt die BKW vollumfänglich auf. Auch hier haben wir Rückstellungen gebildet und zahlen in den vom Bund kontrollierten Entsorgungsfonds ein. Ein grosser Teil dieser Kosten fällt erst in Zukunft an, wenn die geologischen Tiefenlager gebaut werden, also ab den 2040er-Jahren.

Für den Stilllegung des KKM sind gewiss viele Fachkräfte nötig. Welche Berufsbilder kommen zum Einsatz?
Eine wichtige Rolle spielen die Strahlenschutzexpertinnen und -experten. Bei der Stilllegung nimmt aufgrund der vielen Tätigkeiten mit demontiertem Material der Umfang der Arbeiten des Strahlenschutzes zu. Dies beginnt bei der Planung sämtlicher Arbeiten, geht über die Ausserbetriebnahme, die eigentliche Demontage, die Materialbehandlung und Dekontamination bis hin zur Freimessung des gereinigten Materials. Hier wird abschliessend überprüft, ob das gereinigte Material nicht mehr radioaktiv ist. Um sicherzustellen, dass wir in diesem Bereich über genügend Fachkräfte verfügen, haben wir unsere bestehenden Kompetenzen durch die Akquisition des Unternehmens «Dienstleistungen für Nukleartechnik» verstärkt. Ebenfalls wichtig ist das Projektmanagement, da es sich in jeder Hinsicht um ein Grossprojekt handelt.

Verfügen Sie denn über genügend kompetentes Personal?
Ja und das Fachwissen unserer Mitarbeitenden ist sehr wertvoll. Sie werden den Nachbetrieb wie auch den Rückbau durchführen sowie Demontagearbeiten ausführen bzw. koordinieren. Sie verfügen über ein grosses Know-how und kennen aufgrund jahrelanger Erfahrung die Anlage bestens, was im Rückbau von grosser Bedeutung ist. Ausserdem haben wir die Mitarbeitenden auf neue Aufgaben vorbereitet und verschiedene haben sich weitergebildet, sei es im Strahlenschutz oder im Projektmanagement.

Wird die BKW den «verlorenen» Strom aus dem KKM ersetzen, und wenn ja, wie?
In der Tat verlieren wir mit dem KKM einen Viertel unserer Stromproduktion und sogar die Hälfte unserer Produktion im Kanton Bern. Wir müssen diese Produktion aber nicht vollständig ersetzen, denn einerseits haben wir ja weiterhin Kraftwerke und andererseits gibt es den internationalen Stromhandel.

Was bedeutet das Ende des KKM für die Schweizer Stromversorgung?
Das KKM spielt bei der Versorgung keine grosse Rolle. Den Wegfall von einer Produktionsmenge, die fünf Prozent des Schweizer Strombedarfs entspricht, wird man kaum bemerken. Längerfristig fallen durch den Ausstieg aus der Kernenergie allerdings vierzig Prozent des Stromvolumens weg – das wurde politisch so entschieden. Zum Glück erfolgt dieser Ausstieg schrittweise. Wie diese vierzig Prozent aber ersetzt werden, ist nun Gegenstand politischer Diskussionen. Hinzu kommt, dass auch das Ausland teilweise aus Kernenergie und Kohlestrom aussteigt. Der Import wird insofern kaum einfacher werden. Wir beteiligen uns als BKW mit unserer Fachkompetenz gerne bei der Lösungsfindung. Ob und wie viel wir investieren können, hängt von den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen ab, unserer Einschätzung der Entwicklung des Strommarkts und natürlich auch davon, welche finanziellen Mittel wir zur Verfügung haben.